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Urlaubskürzung bei Elternzeit

Wussten Sie, dass der Urlaubsanspruch während der Elternzeit gekürzt werden kann? Erfahren Sie mehr über die rechtlichen Grundlagen und was Arbeitgeber beachten müssen.

Seit 1963 haben alle Arbeitnehmenden in Deutschland grundsätzlich einen gesetzlich verankerten Anspruch auf 24 Tage bezahlten Jahresurlaub, bezogen auf eine 6-Tage-Woche. Unter bestimmten Umständen, z.B. bei Elternzeit oder Kurzarbeit, kann dieser Urlaub vom Arbeitgeber jedoch gekürzt werden. Im Folgenden beleuchten wir die Möglichkeit der Urlaubskürzung bei Elternzeit.

Rechtliche Grundlagen

Grundsätzlich erwirbt ein:e Arbeitnehmer:in auch während seiner/ihrer Betriebsabwesenheit in Mutterschutz und/ oder Elternzeit Urlaubsansprüche. Während der Elternzeit kann der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch des/der Arbeitnehmer:in gem. §17 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) jedoch für jeden vollen Kalendermonat Elternzeit um 1/12 kürzen. Dazu muss der Arbeitgeber die Kürzung aktiv gegenüber dem/der Arbeitnehmer:in erklären. Während der Mutterschutzfrist besteht diese Kürzungsmöglichkeit dagegen nicht.

Der/die Arbeitnehmer:in muss die Elternzeit beim Arbeitgeber beantragen. Dieser muss wiederum den Antrag bestätigen, d.h. die Elternzeit bescheinigen. Die Bescheinigung erfolgt am besten erst, wenn das Kind geboren ist und die genauen Daten zu Mutterschutzfrist und Elternzeit feststehen. 

Wenn die Kürzung des Urlausanspruchs vom Arbeitgeber gewünscht wird, sollte diese gleich in dem Bestätigungsschreiben für die Elternzeit erklärt werden, damit es später nicht vergessen wird.

Falls der/die Arbeitnehmer:in im Jahr der Antragstellung den Jahresurlaub vor Beginn der Elternzeit bereits – berechtigt – voll genommen hat, kommt eine nachträgliche Kürzung dieses Urlaubsanspruchs in diesem Urlaubsjahr während der Elternzeit, nicht in Betracht. Ein voller Anspruch auf den Jahresurlaub entsteht jedoch grundsätzlich erst ab dem 01.07. eines Jahres. 

Beginnt die Elternzeit im ersten Halbjahr und wurde davor bereits der volle Jahresurlaub genommen, bleibt die Kürzungsmöglichkeit für den Arbeitgeber erhalten, mit der Folge, dass er den künftigen Urlaubsanspruch nach der Rückkehr des/der Arbeitnehmer:in aus der Elternzeit kürzen kann.

Die Kürzung kann und sollte der Arbeitgeber in dem Fall sofort nach der Rückkehr aus der Elternzeit erklären. Das Kürzungsrecht erlischt, wenn der Arbeitgeber nach Wiederaufnahme der Arbeit erstmals Urlaub in dem Umfang erteilt, um den er den neuen Urlaub hätte kürzen können.

Dieses Kürzungsrecht besteht übrigens nicht, wenn der/die Arbeitnehmer:in in Teilzeitarbeit während der Elternzeit bei seinem/ihrem Arbeitgeber beschäftigt ist.

Beispiele

1. Geburt in der ersten Jahreshälfte

Geburtstermin und Geburtsdatum des Kindes 01.05.2023, Mutterschutzfrist vom 20.03. (6 Wochen davor) bis 26.06.2023 (8 Wochen danach) mit anschließender Elternzeit der Mutter bis 01.05.2024, vertraglicher Urlaubsanspruch 30 Tage p.a.

Welcher Urlaubsanspruch bleibt bei Wahrnehmung des Kürzungsrechts?

Lösung

Es besteht ein Urlaubsanspruch in 2023 von 15 Tagen (30 Tage / 12 Monate * 6 Monate (Januar bis Juni 2023)).
Der Urlaubsanspruch in 2024 beträgt dann 20 Tage (30 Tage / 12 Monate * 8 Monate (Mai bis Dezember 2024)).

Abwandlung

Die Arbeitnehmerin hat vor dem Mutterschutz schon die vollen 30 Tage Urlaub für 2023 genommen.

Lösung

Es besteht ein Urlaubsanspruch in 2023 von 15 Tagen (30 Tage / 12 Monate * 6 Monate (Januar bis Juni 2023)). Die Arbeitnehmerin hat 15 Urlaubstage zu viel in 2023 genommen, da bis zum 30.06.2023 nur 15 Urlaubstage begründet waren.

Der während der Elternzeit entstehende Urlaub kann noch gekürzt werden, weil er nicht durch Erfüllung des Urlaubsanspruchs vor der Elternzeit bereits erloschen ist.

Der Arbeitgeber hat somit die Möglichkeit, den Urlaub, der während der Elternzeit in 2023 entstehen würde, nach der Rückkehr der Arbeitnehmerin aus der Elternzeit durch einseitige Erklärung noch nachträglich zu kürzen.

Der Urlaubsanspruch in 2024 beträgt infolge der Kürzung dann 5 Tage (30 Tage / 12 Monate * 8 Monate (Mai bis Dezember 2024) abzüglich der 15 Urlaubstage, die in 2023 zu viel genommen wurden).

Gewährt der Arbeitgeber nach Wiederaufnahme der Arbeit jedoch Urlaub in dem Umfang, um den er den neuen Urlaub hätte kürzen können, so erlischt insoweit das Kürzungsrecht.

 

2. Geburt in der zweiten Jahreshälfte

Geburtstermin und Geburtsdatum des Kindes 01.08.2023, Mutterschutzfrist vom 20.06. (6 Wochen davor) bis 26.09.2023 (8 Wochen danach) mit anschließender Elternzeit der Mutter bis 01.02.2025, vertraglicher Urlaubsanspruch 30 Tage p.a.

Welcher Urlaubsanspruch bleibt bei Wahrnehmung des Kürzungsrechts?

Lösung

Es besteht Urlaubsanspruch in 2023 für 22,5 Tage (30 Tage / 12 Monate * 9 Monate (Januar bis September 2023)).

Soweit sich durch die Kürzung von Vollurlaub Bruchteile von Urlaubstagen ergeben, kommt weder eine Aufrundung, noch eine Abrundung in Betracht. Der verbleibende Bruchteil eines Urlaubstags ist zu gewähren oder abzugelten. 

Der Urlaubsanspruch in 2024 wird auf 0 Urlaubstage gekürzt.

Der Urlaubsanspruch in 2025 beträgt 27,5 Tage (30 Tage / 12 Monate * 11 Monate (Februar bis Dezember 2025). Es erfolgt auch hier keine Rundung der Urlaubstage.

Abwandlung

Die Arbeitnehmerin hat vor dem Mutterschutz schon die vollen 30 Tage Urlaub für 2023 genommen.

Lösung

Wegen des Beginns der Elternzeit erst in der zweiten Jahreshälfte hat die Arbeitnehmerin in 2023 grundsätzlich ihren vollen Urlaubsanspruch erlangt. Da der Urlaubsanspruch durch die berechtigte Inanspruchnahme bereits vor der Elternzeit vollständig erfüllt wurde und damit erloschen ist, besteht keine Möglichkeit, die Urlaubstage während der Elternzeit in 2023 noch nachträglich zu kürzen.

Der Urlaubsanspruch in 2024 wird auf 0 Urlaubstage gekürzt.

Der Urlaubsanspruch in 2025 beträgt 27,5 Tage (30 Tage / 12 Monate * 11 Monate (Februar bis Dezember 2025). Es erfolgt keine Rundung der Urlaubstage (s.o.). Es besteht in 2025 auch keine Möglichkeit der Nachholung der in 2023 unzulässigen Urlaubskürzung, da der gewährte volle Urlaub komplett berechtigt war.

 

Hinweis für anderen Elternteil

Übrigens darf der Vater bzw. der Elternteil, der das Kind nicht geboren hat, auch bereits während der Mutterschutzfrist Elternzeit nehmen. An der Berechnung der Kürzung des Urlaubs ändert sich dabei nichts – für jeden vollen Monat der Elternzeit darf der Arbeitgeber den Urlaub um 1/12 kürzen.

Weitere Informationen zum Thema Elternzeit sind z.B. beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu finden. 

Sofern Ihre Lohnbuchhaltung über unsere Kanzlei erfolgt, stellen wir Ihnen gern ein Muster für die Erklärung der Urlaubskürzung zur Verfügung und beantworten Ihre Fragen zu diesem und allen weiteren Themen.



Autorin
Melanie Kühle

Melanie Kühle

Lohnbuchhaltung

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