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A1-Bescheinigung fürs Arbeiten im Ausland – bürokratischer Unsinn oder sinnvolles Dokument?

Wer nur vorübergehend im europäischen Ausland arbeitet, aber dort weiterhin dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt, sollte dies durch eine A1-Bescheinigung nachweisen können. Es gilt einige Aspekte zu beachten, welche wir im Folgenden genauer beleuchten.

Unser Nachbarland Österreich kontrolliert beispielsweise zunehmend, ob Arbeitnehmer:innen aus dem Ausland, also z.B. aus Deutschland, eine A1-Bescheinigung vorweisen können, wenn sie dort ihrer Beschäftigung nachgehen, einen Geschäftstermin wahrnehmen oder ähnliches. Bei Verstößen drohen Strafen von 500 bis 5.000 Euro pro Arbeitnehmer:in, im Wiederholungsfall sogar 1.000 bis 20.000 Euro. 

Unter Umständen kann der fehlende Nachweis auch dazu führen, dass die Beschäftigten sofort die Arbeit niederlegen müssen oder erst gar nicht Zutritt zu einem Gelände erhalten. Auch über die sofortige Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen wird berichtet. 

Grund genug, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. 

Grundsätzliches

Für alle Personen gelten in der Regel die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen des Staates, in dem sie regelmäßig erwerbstätig sind, weil dort z. B. das Unternehmen des Arbeitgebers ansässig ist (= Entsendestaat).  

Wird eine A1-pflichtige Person vorübergehend in einem oder mehreren anderen Staat(en) als dem Entsendestaat erwerbstätig, liegt eine sogenannte Entsendung vor.

Entsendungen aus Deutschland erfolgen zumeist in einen oder mehrere andere Mitgliedsstaat(en) der EU (= EU-Ausland), der EFTA-Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz oder nach Großbritannien mit Nordirland. Dann gilt ausnahmsweise weiterhin das Recht des Entsendestaates, also in unserem Fall Deutschlands. Mit einer A1-Bescheinigung wird im EU-Ausland, den EFTA-Staaten sowie in Großbritannien mit Nordirland der Nachweis erbracht, welche sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften für die erwerbstätige Person maßgeblich sind.

Eine deutsche A1-Bescheinigung beispielsweise weist nach, dass die im vorgenannten Ausland erwerbstätige Person dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegt. Dadurch werden zum Beispiel keine Sozialversicherungsbeiträge im Ausland fällig. Ohne Nachweis, also die A1-Bescheinigung, kommen grundsätzlich die im Ausland geltenden Rechtsvorschriften zur Anwendung. 

Wer benötigt eine A1-Bescheinigung? 

  • Abhängig beschäftigte Arbeitnehmer:innen einschließlich Führungskräfte 
  • verbeamtete Personen 
  • Selbständige einschließlich mitarbeitende Gesellschafter, Gesellschafter-Geschäftsführer und ähnliche Personen 

Das gilt, soweit die vorgenannten Personen im EU-Ausland, einem der EFTA-Staaten oder Großbritannien mir Nordirland erwerbstätig sind.  

Wann wird eine A1-Bescheinigung benötigt? 

Die Dauer und Art der Erwerbstätigkeit im EU-Ausland, den EFTA-Staaten, Großbritannien und Nordirland spielen keine Rolle. Eine A1-Bescheinigung muss also auch bei kurzfristigen und kurzzeitigen Dienstreisen ins vorgenannte Ausland beantragt und mitgeführt werden.

Die Bescheinigung ist grundsätzlich („wann immer möglich“) bei jeder Erwerbstätigkeit in einem der vorgenannten Staaten vor Beginn der Tätigkeit zu beantragen. Sie wird für jede Entsendung einzeln beantragt und ausgestellt, eine Bescheinigung für eine Mehrfachbeschäftigung in unterschiedlichen Mitgliedsstaaten kann hingegen auch für einen längeren Zeitraum gelten. 

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales weist in der „Handhabung der Bescheinigung A1 bei kurzfristig anberaumten und kurzzeitigen Tätigkeiten“ darauf hin, dass nach geltendem Recht nicht in jedem Fall eine A1-Bescheinigung zwingend erforderlich ist, sie nachgereicht werden kann und ein Ermessen der Mitgliedsstaaten besteht. Allerdings haben einige EU-Mitgliedsstaaten ihr nationalen Vorschriften verschärft und schreiben die Beantragung einer A1-Bescheinigung vor Beginn der Tätigkeit zwingend vor.

Daher empfiehlt es sich, die A1-Bescheinigung immer im Voraus zu beantragen und ggf. die Antragsbestätigung als Ersatzdokument mitzuführen. 

Wer beantragt die A1-Bescheinigung? 

Der Arbeitgeber bzw. Dienstherr ist verpflichtet, eine benötigte A1-Bescheinigung für seine abhängig beschäftigten Arbeitnehmer:innen bzw. verbeamteten Personen zu beantragen.

Selbständige, mitarbeitende Gesellschafter, Gesellschafter-Geschäftsführer und ähnliche Personen müssen dies selbst erledigen. 

Welche Antragsarten gibt es? 

  • Entsendung für kurze Dienstreisen oder Projekttätigkeit bis maximal 24 Monate. Sie gilt nur für den jeweiligen Aufenthalt und muss jedes Mal neu beantragt werden. 
  • Ausnahmevereinbarung für Projekttätigkeit über 24 Monate für maximal 5 Jahre 
  • Antrag für gewöhnlich in mehreren Mitgliedsstaaten Beschäftigte für Personen, die regelmäßig im Ausland und dabei in mindestens zwei unterschiedlichen Ländern im gleichen Zeitraum mindestens 1 Tag pro Monat oder 5 Tage im Quartal erwerbstätig sind. Der eigentliche Wohnort muss dabei in Deutschland liegen. Diese A1-Bescheinigung muss jährlich neu beantragt werden. 
  • Antrag für Flug- und Kabinenbesatzungen für Personen, die als Flug- oder Kabinenbesatzung bei einem deutschen Unternehmen beschäftigt und für dieses im Ausland tätig sind. Die Aufenthalts- und Bescheinigungsdauer ist unbegrenzt. 

Wo wird der Antrag gestellt? 

  • Bei der gesetzlichen Krankenkasse, wenn die erwerbstätige Person pflicht-, freiwillig oder familienversichert ist.
  • Bei der Deutschen Rentenversicherung, wenn die erwerbstätige Person privat krankenversichert ist. 
  • Bei der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV), wenn die erwerbstätige Person zusätzlich zur privaten Krankenversicherung berufsständisch versorgt ist. 
  • Beim GKV-Spitzenverband für Personen, die gewöhnlich in mehr als einem Mitgliedsstaat erwerbstätig sind. 

Wie wird der Antrag gestellt? 

Die A1-Bescheinigung kann ausschließlich auf elektronischem Weg beantragt werden.

Üblicherweise geschieht dies über ein zertifiziertes Entgeltabrechnungsprogramm. Es besteht aber auch die Möglichkeit, den Antrag mittels einer maschinellen Ausfüllhilfe im SV-Meldeportal zu stellen. 

Ein Papierantrag ist nur noch zulässig bei sogenannten Grenzgänger:innen, bestimmten Mehrfacherwerbstätigen und ggf. bei einer Ausnahmevereinbarung.

Nach erfolgreicher Datenübermittlung des Antrags wird elektronisch eine Bestätigung erstellt. Nach Bearbeitung und Genehmigung des Antrags durch die zuständige Stelle wird die A1-Bescheinigung zurückgemeldet. Diese ist unverzüglich an die entsendete Person weiterzuleiten und von ihr mitzuführen. Zusätzlich wird empfohlen, die A1-Bescheinigung auszudrucken (am besten farbig) und der entsendeten Person auszuhändigen. 

Welche Angaben werden für den Antrag benötigt? 

Je nach Art des Antrags werden beispielsweise folgende Angaben benötigt: 

  • Angaben zu Beginn und Ende der A1-Bescheinigung und dem Land/ den Ländern, für die die Bescheinigung gelten soll 
  • Angaben zum Arbeitgeber im Entsendestaat, wie z.B. die Kontaktdaten und die Betriebsnummer 
  • Angaben zur Person, wie z.B. Adresse, Geburtsdatum, Geburtsort, Versicherungsnummer 
  • Angaben zur Beschäftigung im Entsendestaat  
  • Angaben zu den Einsatzstellen und der Beschäftigung im Ausland 
  • Angaben zum Empfänger des Antrags, wie z.B. den Namen der gesetzlichen Krankenkasse der entsendeten Person 

Fazit 

In der A1-Bescheinigung bzw. der Beantragung steckt schon ein wenig Bürokratie. Aber gerade in unserer heutigen Arbeitswelt mit Homeoffice und Geschäftsterminen im Ausland ist es absolut notwendig und wichtig, mit der A1-Bescheinigung nachweisen zu können, welche sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften für die im Ausland erwerbstätige Person maßgeblich sind. 

Daher sollten

  • im Unternehmen ein klarer und einfacher Melde- und Beantragungsprozess für Dienstreisen mit eindeutigen Zuständigkeiten für die A1-Bescheinigung eingerichtet werden, 
  • A1-Bescheinigungen von der zuständigen Stelle immer rechtzeitig vor jeder Dienstreise beantragt werden und 
  • Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer:innen, einschließlich Führungskräfte, immer wieder auf die Notwendigkeit der A1-Bescheinigung hinweisen.

Dies alles nicht zuletzt, um hohe Bußgelder zu vermeiden. 

Weitere Informationen sind beispielsweise bei der Deutschen Rentenversicherung oder der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) zu finden.



Autorin
Melanie Kühle

Melanie Kühle

Lohnbuchhaltung

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