Eltern eines Kindes mit Behinderung haben oft wenig Verständnis dafür, dass auch noch im Falle ihres Todes über die allgemeine Erbschaftssteuerbelastung hinaus ein Teil ihres angesparten Vermögens nicht der Verbesserung der Lebensqualität ihres Kindes zugutekommt, sondern vom Staat vereinnahmt werden soll.
Menschen mit Behinderung können oft aus eigener Arbeitskraft kein oder nur ein geringes Einkommen erwirtschaften. Sie sind daher auf bedarfsabhängige Sozialleistungen des Staates angewiesen. Diese werden jedoch erst erbracht, wenn und soweit der Lebensbedarf des Bedürftigen nicht durch den Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens gedeckt werden kann. Es findet das sozialhilferechtliche Nachrangprinzip Anwendung.
Was ist für Eltern eines Kindes mit Behinderung in Bezug auf den Nachlass zu empfehlen?
Vorrangig ist der Lebensunterhalt von Kindern mit Behinderung von ihrem eigenem Einkommen und Vermögen zu bestreiten. Der Mittelzufluss, den diese Kinder im Erbfall erhalten, muss dann zunächst für den normalen Lebensunterhalt aufgebraucht werden, bevor Sozialleistungen des Staates fließen. Dieses Ergebnis ist für die Eltern im Hinblick auf ihren Nachlass einerseits, die Versorgung ihres Kindes andererseits, unbefriedigend.
Bedürftigentestament nicht nur für Menschen mit Behinderungen
Eine solche Situation kann sich nicht nur bei einer Behinderung ergeben. Auch aus anderen Gründen können die eigenen Kinder unverschuldet in eine wirtschaftliche Notsituation geraten, in der sie auf staatliche Unterstützung angewiesen sind oder die sie in eine Privatinsolvenz führen.
Ein sog. Bedürftigentestament ist somit nicht allein für Eltern von Kindern mit Behinderung ratsam, sondern empfiehlt sich in allen Fällen von Bedürftigkeit der eigenen Kinder. Das Ziel der Erblasser ist es überwiegend, das angesparte Vermögen sicher und weitgehend ungeschmälert an die nächste Generation weiterzugeben. Zugleich soll dem Kind mit Bedürftigkeit oder Behinderung der größtmögliche Nutzen aus dem Nachlass zukommen.
Dies gilt für Privatpersonen ebenso wie für Unternehmer:innen. Letzteren obliegt neben der Versorgung ihrer Nachkommen zusätzlich die Verantwortung für den Fortbestand ihres Unternehmens sowie für die dort beschäftigten Mitarbeiter:innen.
Enterbung ist keine gute Idee!
Manche denken, das Kind mit Bedürftigkeit oder Behinderung zu enterben wäre eine gute Lösung, sodass es weiterhin Staatsleistungen beziehen kann. Zusätzlich vereinbaren sie mit den eingesetzten Erben (das sind oft weitere Kinder), dass diese dem Kind mit Bedürftigkeit oder Behinderung regelmäßig bestimmte Leistungen zahlen sollen. Doch dabei wird übersehen, dass Kindern nach dem Tod der Eltern auch bei Enterbung grundsätzlich ein Pflichtteilsanspruch zusteht. Diesen Pflichtteil können die Sozialhilfeträger ebenfalls heranziehen.
So einfach ist es also nicht. Denn dieses Vorgehen kann (aufgrund der Belastung mit einem Geldanspruch gegen den Nachlass) die Veräußerung des Vermögens zur Folge haben.
Dennoch ist der Gedanke richtig, dass sich durch eine rechtzeitige, wohlüberlegte und juristisch einwandfreie Gestaltung der Erbfolge, z.B. in einem gemeinschaftlichen Testament der Eltern, die Ansprüche des Staates weitgehend zurückdrängen oder sogar ausschließen lassen.
Für ein Bedürftigentestament ist besondere Expertise erforderlich
Das Bedürftigentestament gehört sozusagen zur „hohen Schule der Testamentsgestaltung“. Dort finden unterschiedliche Rechtsbereiche Eingang. Daher ist es dringend angeraten, anwaltliche Hilfe von Spezialisten bei der Testamentserstellung in Anspruch zu nehmen.
Folgende Rechtsbereiche spielen bei dem Bedürftigentestament bzw. dem Behindertentestament eine Rolle:
- Sozialrecht
- Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsrecht
- Erbrecht mit Vor- und Nacherbschaft
- Recht der Testamentsvollstreckung
- Vormundschafts- bzw. Betreuungsrecht
- Erbschaftssteuerrecht
- Gesellschaftsrecht bei Unternehmertestamenten.
Wir sind mit der Gestaltung von Bedürftigentestamenten sehr erfahren und erarbeiten eine maßgeschneiderte Lösung für Ihre persönliche Situation! Wir wissen genau, was rechtlich möglich ist. Vereinbaren Sie mit uns einen ersten Beratungstermin, in dem wir Ihre Fragen zum Bedüftigentestament sowie Strategien für eine erfolgreiche Erbregelung besprechen.
Packen wir es an! Ihr erster Ansprechpartner ist Rechtsanwalt Dirk Scherzer.