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Zehn Irrtümer im Erbrecht: „Ein notariell errichtetes Testament hat Vorrang.“

In unserer Serie „Zehn Irrtümer im Erbrecht“ beleuchten wir zehn weit verbreitete Irrtümer über das Erben und Vererben. Irrtum 5: „Ein notariell errichtetes Testament hat Vorrang vor einem eigenhändig verfassten Testament.“

Diese Aussage spiegelt die weit verbreitete Annahme wider, dass ein „offizielles Dokument“ mehr Gewicht habe als die eigene „Kritzelei“ auf einem Blatt Papier. Sie ist jedoch nicht richtig. Es lässt sich aus der Form des Testaments keine Vor- oder Nachrangigkeit der letztwilligen Verfügung ableiten. Der Erblasser kann bis zu seinem Tode ein von ihm eigenhändig oder notariell erstelltes Testament jederzeit auch wieder durch ein neues, wirksames Testament aufheben, ganz gleich, ob dieses weitere Testament eigenhändig oder notariell erstellt wurde.

Das Testament kann jederzeit durch eine neue eigenhändig verfasste Version ersetzt werden

Der Erblasser ist bis zu seinem Tod grundsätzlich nicht an seine Erbeinsetzungen gebunden und kann sie daher jederzeit – in der notwendigen Form – wieder abändern oder sie aufheben (Zur Ausnahme beim gemeinschaftlichen Testament unter Eheleuten wird es in Kürze einen gesonderten Artikel geben: Irrtum Nr. 8). Es gilt der Grundsatz der Testierfreiheit: Jede Person hat dadurch das Recht, nach Belieben Anordnungen und Bestimmungen über ihr Vermögen nach ihrem Tod zu treffen. Verfügungen in einem bestehenden Testament können somit durch eine zeitlich nachfolgende Erbregelung ersetzt werden. Das bisher bestehende Testament wird unwirksam, da es durch ein neues ersetzt wird.

Ort und Zeitpunkt sollen angegeben werden, damit das richtige Testament zugeordnet wird

Daher ist es denkbar, dass das notariell beurkundete Testament, quasi auf dem Heimweg vom Notar widerrufen wird. Zum Beispiel kann es bei einem kühlen Bier mit einem handschriftlichen Satz auf dem Bierdeckel: „Ich, Karl Wankelmütig, widerrufe hiermit mein notarielles Testament vom heutigen Tag vollständig. Datum und Unterschrift.“, wieder außer Kraft gesetzt werden. Da es also wesentlich auf den Zeitpunkt der Erstellung des Testaments ankommt, empfehlen wir dringend, das Ausstellungsdatum und den Ausstellungsort, wenn es darauf ankommen sollte, auch die Uhrzeit, in das eigenhändige Testament aufzunehmen.

Fazit: Bei mehreren Testamenten ist es wichtig, das genaue Datum und den Ort anzugeben.

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Schlagwörter: Erben & Vorsorge Erbrecht Privatpersonen

 

Autor
Dirk Scherzer

Dirk Scherzer

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