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Zehn Irrtümer im Erbrecht: „Als Erb:in hafte ich für die Verbindlichkeiten des Erblassers stets auch mit meinem Privatvermögen.“

Dieser Artikel wurde schon vor einiger Zeit geschrieben und veröffentlicht. Wir möchten daher darauf hinweisen, dass sich die Rechtslage inzwischen geändert haben könnte.

In unserer Serie „Zehn Irrtümer im Erbrecht“ beleuchten wir zehn weit verbreitete Irrtümer über das Erben und Vererben. Irrtum 6 „Als Erb:in hafte ich für die Verbindlichkeiten des Erblassers stets auch mit meinem Privatvermögen.“

In diesem Satz steckt gewiss mehr als nur ein Körnchen Wahrheit. Jedoch „kommt es immer darauf an“, wie der/die Jurist:in gerne sagt. Zunächst einmal ist es richtig, dass diejenige/derjenige, die/der Erb:in wird, kraft Gesetzes vollständig in die Rechtsposition der/des Verstorbenen (= Erblasser) eintritt. Man spricht von einer sog. Gesamtrechtsnachfolge. Diese führt dazu, dass auf die/den Erb:in sämtliche Rechte und Pflichten der/des Verstorbenen übergehen. Dazu gehören neben den positiven Vermögenswerten auch sämtliche Schulden des Erblassers. Für diese hat die/der Erb:in dann grundsätzlich nicht nur mit dem geerbten Vermögen der/des Verstorbenen (=Nachlass) einzustehen, sondern darüber hinaus, wenn das Erbe nicht ausreicht, auch mit ihrem/seinem gesamten Privatvermögen. Eine Erbeinsetzung bedeutet somit immer auch ein Risiko für die/den Erb:in, besonders wenn sie/er den Erblasser und dessen Vermögensverhältnisse nicht genau kennt (z.B. beim vermeintlich reichen Erbonkel).

Ausschlagen des Erbes

Deshalb kann diejenige/derjenige, der kraft Gesetzes (sog. gesetzliche Erbfolge) oder durch Einsetzung im Testament (sog. gewillkürte Erbfolge) zur/zum Erb:in berufen wurde, die Erbschaft ausschlagen. Sie/Er tritt die Erbschaft in diesem Fall nicht an und hat somit auch nicht für die Verbindlichkeiten des Erblassers einzustehen. Sie/Er erhält dann aber in der Regel auch keinen Anteil des positiven Vermögensanteils des Erblassers.

Für die Entscheidung über die Annahme oder Ausschlagung räumt der Gesetzgeber der/dem Erbberechtigten eine Bedenkzeit von sechs Wochen ab Kenntnis vom Erbfall und der Erbenstellung ein. Bei Vorliegen eines Testaments beginnt die Frist nicht vor Testamentseröffnung beim Nachlassgericht. Den Kopf in den Sand zu stecken, bringt - wie zumeist in Rechtssachen - nichts, weil die Erbschaft nach Ablauf der Frist gesetzlich als angenommen gilt.

Spezielle Verfahren bei Unternehmensanteilen

Bei großen, unübersichtlichen oder unbekannten Nachlässen, die z.B. Unternehmensanteile des Erblassers beinhalten, kann nicht von vornherein bestimmt werden, ob das Vermögen die Schulden überwiegt. Daher hat der Gesetzgeber im BGB spezielle Verfahren (insbesondere Aufgebot der Nachlassgläubiger, Nachlassverwaltung, Nachlassinsolvenz) vorgesehen, die es der/dem Erb:in erlauben, ihre/seine Haftung für die Schulden des Erblassers auf den Nachlass zu beschränken. Das private Vermögen der/des Erb:in bleibt verschont. Im Gegenzug verliert die/der Erb:in allerdings ihre/seine freie Verfügungsgewalt über den Nachlass.

Fazit: Eine Erbeinsetzung bedeutet auch ein Risiko für die/den Erb:in, wenn sie/er die Vermögensverhältnisse nicht kennt und Schulden zu erwarten sind.

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Schlagwörter: Erben & Vorsorge | Erbrecht | Privatpersonen

Autor
Dirk Scherzer

Dirk Scherzer

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