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Zehn Irrtümer im Erbrecht: „Mit einem gemeinschaftlichen Testament stelle ich sicher, dass mein Ehegatte das Vermögen nach meinem Tod so einsetzt, wie ich es festgehalten habe.“

Dieser Artikel wurde schon vor einiger Zeit geschrieben und veröffentlicht. Wir möchten daher darauf hinweisen, dass sich die Rechtslage inzwischen geändert haben könnte.

In unserer Serie „Zehn Irrtümer im Erbrecht“ beleuchten wir zehn weit verbreitete Irrtümer über das Erben und Vererben.

Nur zwei Dinge auf dieser Welt sind uns sicher. Der Tod und die Steuer.“
(Benjamin Franklin, 1706-1790)

Irrtum 8 „Mit einem gemeinschaftlichen Testament stelle ich sicher, dass mein Ehegatte das Vermögen nach meinem Tod so einsetzt, wie ich es festgehalten habe.“ 

Um es gleich vorwegzunehmen: Auch das gemeinschaftliche Testament bietet keinen hundertprozentigen Schutz, dass die/der überlebende Ehegatte:in über das geerbte Vermögen nur Verfügungen trifft, die im Sinne der/des zuerst verstorbenen Ehegatt:in sind, aber wahrscheinlich immer noch den besten.  

Von einem gemeinschaftlichen Testament ist im Erbrecht die Rede, wenn Ehegatt:innen oder eingetragene Lebenspartner:innen in einem einheitlichen Schriftstück gemeinsam ihren letzten Willen festschreiben. Andere Personen, z. B. Verlobte oder Partner:innen einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft, können kein gemeinschaftliches Testament errichten. Hier muss jede einzelne Person ein eigenes Testament errichten oder es muss ein sog. Erbvertrag beim Notar geschlossen werden.  

Das gemeinschaftliche Testament kann, wie jedes andere Testament auch, öffentlich oder eigenhändig erstellt werden (zur Form des Testaments siehe Irrtum Nr. 2).  

Viele Eheleute wählen das gemeinschaftliche Testament, weil sie erreichen wollen, dass die/der überlebende Ehepartner:in nach dem Tode der/des zuerst versterbenden Ehegatt:in gut versorgt ist und das Vermögen nach dessen Tod sicher an einen gemeinsam bestimmten Begünstigten (oft die gemeinsamen Kinder der Eheleute) vererbt wird (sog. Berliner Testament). Es soll mit dem gemeinschaftlichen Testament oftmals ausgeschlossen werden, dass die/der überlebende Ehepartner:in Verfügungen trifft, die dem gemeinschaftlichen Testament widersprechen (z.B. Gegenstände lebzeitig veräußert oder Gegenstände an andere Personen überträgt als die Kinder). 

Erbschaftssteuerlich ist das reine Berliner Testament oftmals nicht zu empfehlen, da es nach dem ersten Todesfall zu einer Vermögensansammlung bei der/beim überlebenden Ehegatt:in führt. Es sollte daher anwaltliche und steuerliche Beratung für Ihren konkreten Fall eingeholt werden. 

Verfügungsverbot nur für bestimmte Erbregelungen 

Eine derartig weitreichende Bindung der/des überlebenden Ehepartner:ins lässt sich auch mit dem gemeinschaftlichen Testament nicht vollständig erreichen. Zwar nimmt auch das BGB das Verfügungsverbot der/des überlebenden Ehepartner:ins nach dem Tod der/des ersten Ehepartner:ins als Regelfall an. Jedoch gilt dieses Verbot nur für bestimmte Erbregelungen und es gilt nicht ausnahmslos.  

Eine Bindungswirkung der/des überlebenden Ehegatt:in besteht nur bei sog. wechselbezüglichen Verfügungen der Eheleute im gemeinschaftlichen Testament. Gemeint sind solche Verfügungen, die jede/r Ehegatt:in nur trifft, weil sie/er von der/vom anderen Ehegatt:in ebenfalls getroffen werden. Das beste Beispiel für wechselbezügliche Verfügungen ist die gegenseitige Erbeinsetzung der/des zuletzt versterbenden Ehegatt:in als Alleinerb:in im Todesfall der/des zuerst versterbenden Ehegatt:in. Eine Maßgabe kann sein, dass die/der zuletzt versterbende Ehegatt:in das verbleibende Vermögen an die gemeinsamen Kinder weitervererbt.

Nicht umfasst vom Verfügungsverbot sind hingegen von vornherein die Verfügungen, die ein/e Ehepartner:in einseitig und nur anlässlich und im formalen Rahmen des gemeinschaftlichen Testamentes trifft, die aber nicht im Zusammenhang mit einer Verfügung der/des anderen Ehegatt:in stehen. Als Beispiel ein Vermächtnis über die Schallplattsammlung an einen beliebigen Dritten. Diese Verfügungen kann die/der betreffende Ehegatt:in jederzeit, wie bei einem normalen Testament, abändern oder aufheben. 

Vermögen durch Schenkungen schmälern

Das Verfügungsverbot erfasst außerdem lediglich neue, abweichende Erbregelungen, die von der/vom überlebenden Ehegatt:in für dessen Todesfall getroffen werden.  

Dagegen ist die/der überlebende Ehegatt:in auch nach dem Tode der/des zuerst versterbenden Ehegatt:in grundsätzlich nicht daran gehindert, über ihr/sein ursprüngliches und das vom Erstverstorbenen erworbene Vermögen lebzeitig zu verfügen. Er kann das Vermögen dabei vor allem auch durch Schenkungen schmälern. Erfolgen Schenkungen in der Absicht, die Schlusserb:innen zu beeinträchtigen, besteht aber unter Umständen ein gesetzliches Rückforderungsrecht gegen die Beschenkten. 

Ausnahmen / Wegfall des Verfügungsverbots

Weiterhin wird die/der überlebende Ehegatt:in vom Verfügungsverbot befreit, wenn die/der Bedachte ersatzlos entfallen ist, z.B. weil das einzige Kind ohne Nachkommen vor der/dem überlebenden Ehegatt:in verstirbt. Ebenfalls erhält die/der überlebende Ehegatt:in die Berechtigung zu erneuten Verfügungen über sein eigenes Vermögen für den Todesfall (Testierfreiheit) zurück, wenn er die Zuwendungen der/des zuerst verstorbenen Ehegatt:in ausschlägt.  

Auch darf die/der überlebende Ehegatt:in auch Verfügungen vornehmen, die die wechselbezüglichen Verfügungen nicht beeinträchtigen, z.B. die Aufhebung einer angeordneten Testamentsvollstreckung. 

Schließlich können die Erblasser bereits im gemeinschaftlichen Testament der/dem überlebenden Ehegatt:in die Berechtigung zu neuen, vom gemeinschaftlichen Testament abweichenden Verfügungen vorbehalten.  Hierbei kann/sollte genau festgelegt werden, für welchen Personenkreis (z.B. ausschließlich die Kinder und deren Kinder) neue Verfügungen zulässig sind und für wen nicht (z.B. Dritte, wie etwa ein/e neue/r Lebenspartner:in). 


Fazit

Ein gemeinschaftliches Testament  kann sinnvoll sein, wenn Ehegatt:innen zunächst die/den Überlebende/n absichern und dann das (verbleibende) Vermögen am Ende an ihre Kinder weitergeben wollen. Nicht zuletzt aus erbschaftssteuerlichen Gründen sollte besonders bei größerem Vermögen und/oder vorhandenem Grundbesitz erwogen werden, bereits beim ersten Todesfall Zuwendungen an die Kinder vorzunehmen. 

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Schlagwörter: Erben & Vorsorge | Erbrecht | Privatpersonen

Autor
Dirk Scherzer

Dirk Scherzer

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